Ich bin froh, dass ich nicht genau wusste, was auf mich zukommen würde. Sonst hätte ich vermutlich den Schritt nicht gewagt, mir einen eigenen Hund anzuschaffen. Anschaffen ist eine absolut blöde Wortwahl. Denn ich habe mir nicht etwa einen Hund „angeschafft“, sondern ihm vielmehr ein Zuhause, eine Familie gegeben.
Inzwischen ist es gut neuneinhalb Monate her, dass Yuna zu uns kam. Meine Kalender-App zeigt für den 19. Januar einen Termin namens „Fabiola besuchen“. Denn so lernten wir die kleine Maus zunächst kennen, der Tierschutzverein hatte ihr diesen Namen verpasst. In einer Pflegefamilie in Niederkassel, circa 20 Autominuten von uns, trafen wir sie zum ersten Mal. Da war sie gerade frisch von Rumänien nach Deutschland gekommen und etwa neun Monate alt.
Ich erinnere mich noch genau an mein Kennenlernen mit unserer ersten Hündin Susi. Das war im April 1997. Am 16. April war der Wurf auf die Welt gekommen, neun Welpen, davon eine Hündin. „Ich möchte das Mädchen!“, machte mein sechsjähriges Ich damals gleich klar und erhielt daraufhin offenbar keine Widerworte. Ich erinnere mich noch genau an den Wintergarten bei der Züchterin, voller Hundekörbchen, voller Cocker. Es war ein Traumland. Wenn ich mich auch bei folgendem Detail richtig erinnere, wechselte das kleine Fellknäuel für 1.200 Mark die Besitzer. Ihren auf der Geburtsurkunde adelig anmutenden Namen „Ginger von Schwanensee“ habe ich direkt verworfen, für mich war klar: Das ist unsere Susi.
Erstes Kennenlernen: gesehen, getroffen, verliebt
Ich bin mir sicher, auch das Kennenlernen mit unserer Yuna wird mir immer im Gedächtnis bleiben. Wir kamen die Tür rein in ein Wohnzimmer und da stand sie: keck auf dem Sofa, neugierig dreinblickend. Berührungsängste schien sie nicht zu haben und lief direkt auf uns zu. Mein Freund sagt gerne, ich hätte wohl jeden Hund adoptiert, sobald ich ihn einmal live zu Gesicht bekommen hätte. Nun, das wird wohl das Leben zeigen müssen? In diesem Fall können wir auf der Statistik vermerken: gesehen, getroffen, verliebt.
Am Samstag darauf trafen wir uns mit der Pflegefamilie auf einen ersten Spaziergang. Dieser offenbarte Yunas bis dato größtes „Problem“: Spaziergehen. Kannte sie schlichtweg nicht. Inzwischen, elf Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland, ist davon nichts mehr zu sehen. Rausgehen bei Regen? Absolutes Tabu zu Beginn! Gerade gestern hatten wir auch da einen echten Erfolg zu vermelden. Regnerischer Novembertag, Yuna im funktionalen Regenmantel und siehe da: Wir waren eine halbe Stunde im schüttenden Regen spazieren.
Viel geplant und doch nicht alles gewusst
Wusste ich so recht, was mit einem (Tierschutz-)Hund auf mich zukommt? Was es bedeutet, diesmal die Hauptverantwortung für den Hund zu tragen? Wie viel Zeit Hundeerziehung kostet? Welche Tierarztkosten auf uns zukommen würden? Natürlich habe ich die Entscheidung, einen Hund zu adoptieren, alles andere als leichtfertig getroffen. Vielmehr reifte dieser Wunsch viele Jahre, bis die Rahmenbedingungen passten. Denn ich hoffe, das ist inzwischen allen klar: Ein Hund ist keine „Anschaffung“ für ein paar Jahre. Im besten Fall gehört er zehn, fünfzehn oder noch mehr Jahre zur Familie. Egal ob Urlaub, Arbeitswechsel oder Umzug.
Auch die Kosten habe ich im Vornherein überschlagen, Tabellen angelegt, mir einen Überblick verschafft. Was ich aber nicht wusste: Dass uns ein Hundebiss noch aus der Pflegestelle gut 400 Euro Antibiotika im ersten Monat kosten würde. Wie schwer es sein kann, eine Hundeschule zu finden, die einem zehn Einzelstunden verkauft – was die Bedingung des Tierschutzvereins war. Dass angeborene Gelenkerkrankungen leider nicht durch unsere Hunde-Krankenversicherung gedeckt sind. Die hatte ich extra abgeschlossen, um nicht vor unerwarteten Kosten zu stehen.
Danke Vergangenheits-Ich für deinen Mut
Also ja ich war gut vorbereitet. Aber nein, ich konnte nicht alles abschätzen, was mit der Adoption auf mich zukommen würde. Und ich bin froh darum. Denn hätte ich in eine Wahrsagekugel geblickt, hätte ich vermutlich Angst bekommen und gedacht, dass ich das nicht schaffe. Dem Hund nicht gerecht werde. Und wenn ich die Maus so ansehe, wie sie ihren Kopf ganz schwer auf mir abgelegt hat, zufrieden tief schnauft und ich spüre, welches Vertrauen sie mir inzwischen entgegenbringt, bin ich überzeugt, einen guten Job zu machen. Wieder so eine blöde Wortwahl. Einen Hund zu halten ist zwar Arbeit, definitiv. Aber eben auch ein wahrgewordener Lebenstraum für mich. In diesem Sinne, danke Vergangenheits-Ich, dass du den Schritt gewagt hast. Das macht dein Gegenwarts-Ich verdammt glücklich.
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