Tennis: Eine Ballsportart, bei der man den Ball einmal mehr ins Feld spielen muss als der Gegner, um zu gewinnen. Theoretisch. Praktisch auch. Trotzdem liegt dazwischen eine kleine Grube. Nein, vielmehr der Grand Canyon.
Zurzeit laufen die Clubmeisterschaften in dem Kölner Verein, in dem ich die Filzkugel regelmäßig vor mir her schiebe. Heißt: Wer Lust hat, tritt in Club-internen Spielen gegen andere Mitglieder an. An Lust mangelt es mir grundsätzlich nie, also bin ich natürlich dabei, gerne gleich in allen Kategorien: Einzel, Doppel, Mixed.
Weil wir unser Mixed-Match wegen Dunkelheit (yeah Köln, mal nicht wegen Regen) zuletzt abbrechen mussten, hieß es heute erneut antreten. Der aktuelle Stand aus unserer Sicht 6:7 1:2. Für Menschen, die mit Tennis nichts anfangen können: Den ersten Satz hatten wir also knapp verloren, noch war aber alles drin. Freitagabend, kein Regen in Sicht, Feierabend plus Tennis – klang alles in allem ziemlich gut, wenn man mich fragt.
Tennis ist ein wunderschöner Sport. Nicht zuletzt wegen der Faltenröcke. Nein im Ernst: Sonne, roter Tennissand, gelber Filzball. Unterschiedliche Spielformen – Einzel, Doppel, Mixed, Mannschaft- oder Einzelturniere – sorgen für Abwechslung. Und dann eben doch auch wegen der Faltenröcke… Ich spiele Tennis theoretisch schon seit Kindertagen. Das zählt aber noch nicht richtig… hierzu vielleicht bei Gelegenheit eine weitere Story. So wirklich motiviert startete ich ungefähr mit 12 Jahren. Sowohl meine Oma als auch mein Papa haben früher viel gespielt, Mama angeblich auch. Zu einem schönen, wenn auch nur sehr kurzen Duell mit meinem Vater kam es leider nur einmal. Auch diese Geschichte folgt vielleicht später. Der ehemals elitäre Sport zählt also irgendwie zur Familie.
Nun ist Tennis aber eben nicht nur schön. Im Gegenteil. Es ist grausam und steht der seelischen Gesundheit regelmäßig im Weg. Jedenfalls ist das bei mir oft der Fall. Wer mich kennt, weiß: Grundsätzlich bin ich ein sehr entspannter Mensch, in sich ruhend, selten bis gar nicht temperamentvoll und schon gar nicht weit vorausdenkend. Ich nehme lieber zehn Fettnäpfchen mit, als ewig über (un)angemessene Äußerungen zu grübeln.
Zu meinem Leidwesen bin ich auf dem Platz nicht mehr ich selbst. Oder vielmehr ein anderes Ich. Ein fragiles Nervenwrack, ein Nervenwurstsalat quasi. Im Kopf besteht Tennis für mich meist aus einer destruktiven Ansammlung von zahlreichen „Was wäre wenn“-Situationen. Da entstehen dann Gedankengänge wie folgender: Wenn ich diesen Punkt nicht mache, hat mein Gegner Spielball. Wenn ich das anschließende Spiel verliere (nicht zu verwechseln mit Match)… danach mein Aufschlagspiel nicht durchbringe… Dann, dann, dann geht alles den Bach runter.
Es wird besser, dachte ich. Wenn ich einmal arbeite, dann ist Tennis pure Freizeit, reine Entspannung, spaßiger Zeitvertreib. Pustekuchen. Hat nicht geholfen, trotz Berufsleben erfreut sich der Nervenwurstsalat bester Konsistenz. Die nächste Etappe: Sobald ich mal Kinder habe, ist Tennis Freizeit, Entspannung… selbes Spiel. Die Möglichkeit steht immerhin noch offen.
Tennis ist kein Sport, davon bin ich manchmal überzeugt. Es ist vielmehr ein Drama, ein Theater voller unvorhergesehener Wendungen. Deshalb haben wir nicht einfach vom Spielstand 1:2 auf 6:2 erhöht (soviel hätten wir für den Satzausgleich gebraucht). Stattdessen lassen wir es erst bis zum 2:5 kommen (da wird die Luft schon sehr dünn), ehe wir uns die Führung im zweiten Satz mit 6:5 zurückholen. Versteh es, wer will. Das Schöne daran ist: Diese Psychodramen, mentalen Einbrüche und irrsinnigen Matchverläufe dürften die allermeisten Tennisspieler kennen – vom Amateur bis zum Profi. Und das verbindet uns am Ende des Tages, egal in welcher Klasse wir spielen. Wir können also alle zusammen die mentale Gruppentherapie besuchen.
Schlussendlich ging das Match aus unserer Sicht verloren, trotz gelungener Aufholjagd. Und ich frage mich einmal mehr, was mich zu dieser Sportart treibt. Heute jedenfalls nichts mehr. Aber morgen, nun ja morgen, zieht mich der gelbe Filzball ja doch wieder an.
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